1986 - Die neue Werkstatt – 80s Duesenberg Heavy Metal
Die neue Werkstatt – 80s Duesenberg Heavy Metal
In unseren Werkstätten stapelte sich auf Paletten kubikmeterweise das Holz. Ein neues Verleimgestell mit hydraulischen Press-Zylindern erleichterte es, die Korpushälften zusammen zu fügen. Abrichter, Dickenhobel und ein stationäres Schleifband planierten die Holzoberflächen. Holzspäne und Holzstaub wurden von unserer großen Vier-Sack-Absauganlage aufgenommen.
Und Hinnerk (Freund von Thomas Stratmann) sowie ein Schwabe namens Rüdiger Schäuble hatten bei uns angefangen.
Duesenberg – Heavy Metal
Als unsere ganze Maschinerie endlich lief wie am Schnürchen, wollte ich eine eigenständige Gitarrenmarke kreieren. Man hätte das unter „Rockinger“ machen können, aber das war längst ein fester Begriff für Parts, Bausätze und Custom-Work. Das passte irgendwie nicht für neue, exklusive Serien-Gitarren. Ein neuer Markenname musste her!
Eine Reihe von Freunden und Bekannten ließ ich wissen: „Bitte einen entsprechenden Namen ausdenken!“ Dem Gewinner winken 500 deutsche Mark!
Und wer kam mit „Duesenberg“ um die Ecke? Na, unser Adlerbass-Spezialist Fargo-Pedder. Jawoll, Duesenberg ist genommen! Hier bitte, deine fünfhundert Ocken! Und natürlich hatten wir schon eine gewisse Vorstellung vom Endprodukt: Korpus in etwa Strat, aber schlankere Hörner und super geshapt, mehr in die Metal-Richtung.
Und da das Stimmen am Korpus in jenen Jahren angesagt war, warum also nicht ein Tremolo, an dem man generell die Saiten stimmen, also nicht nur feinstimmen kann? Wobei an der Kopfplatte die Saiten genauso verankert werden, wie bei unseren Headless-Bässen. Dazu ein ausgefuchster Rollensattel – nicht diese Rölleckes auf kleinen Achsen, sondern kleine, mittig gerillte Walzen verschiedener Durchmesser, die sich frei in einer Querbohrung bewegen, wenn das Tremolo betätigt wird. Pickups: OBL-Blades von Bill Lawrence, die waren nämlich sehr beliebt in dieser Zeit. Zudem ein aktiver Midboost und ein OBL-Q-Filter zum Absenken der Mitten.
Tüpfelchen auf dem i: ein kleines Getriebe zum adjustieren des Trussrods von der Seite:
1986 - Duesenberg Folder
Mit Herrmann Frank (Victory, Accept) & Jens GallmeierFehler als Kunst
Bei irgendeinem Body hatte Sascha mal aus Versehen den Lack durchgeschliffen, sodass da eine untere Farbschicht zum Vorschein kam. Ich fand, das sah ganz heiß aus und brachte ihn dazu, da noch an anderen Stellen was durch zu schleifen, praktisch seinen „Fehler“ zur Perfektion zu treiben. Und so ist unsere sogenannte Dreadlock-Lackierung entstanden, sprich: den Body mit mehreren, verschiedenen Farbschichten lackieren und dann an bestimmten Stellen wieder durchschleifen. Das ist ja im Prinzip dasselbe, was man heute als „Aging“ bezeichnet. Nur dass unsere Intention hierbei nicht war, den Body alt und abgewetzt aussehen zu lassen. Es war mehr eine künstlerische, individuelle Gestaltung. Das haben wir dann sogar zum Patent angemeldet.
Metal-Head
Die Kopfplatte: Sie musste einfach metalmäßig spitz sein. So kam dieses ziemlich extreme Design dabei heraus, mit einem kleinen Schnörkel auf Höhe des Sattels. Außerdem eine von vorne nicht sichtbare Einschlitzung, sodass man da eine Zigarette einklemmen konnte. Auf der Kopfplatte waren sechs „Klemm-Pitten“ angeordnet, wo man die Saiten durchsteckte. Die ließen sich dann durch Überwurfkappen samt Gewindeschrauben mit geschlitztem Kopf per Münze festziehen. Dazu hatten unsere Hälse ein Rundstab-Trussrod (wie die alten Fender- und Gibson-Hälse. Allerdings mit einer Stellmutter seitlich am Stöckel, wo der Hals mit dem Body verbunden ist. Das funktionierte wie eine Gitarren-Mechanik, also per Zahnrad und Schneckenwelle. Die U-förmigen Gehäuse hat uns Opa Osburg aus Stahlblech gestanzt und in Form gebogen.
Hip-Trem
Und zuguterletzt noch das Hüft-Tremolo, eine Art Knauf, den man schnell auf der Korpusrückseite in den Tremoloblock stecken und damit – beide Hände frei – per Hüfte das Tremolo betätigen konnte.
„Pitten"
Die Elemente, mit denen man die Saiten oben am Kopf festklemmen konnte und die wir fortan „Pitten“ nannten, hat uns ein Herr Roitsch in seiner Automatendreherei in der Südstadt gemacht. Herr Roitsch wirkte seit Anbeginn unserer Geschäftsbeziehung stets etwas hinfällig. Eines Morgens besuchte ich ihn in seinem Büro, wo er mit gerötetem Gesicht - auf dem Schreibtisch vor sich eine Flasche Bier - sofort zu klagen anhub: „Ach Herr Gölsdorf, mir geht’s ja so beschissen!“
Na ja, kurz drauf musste er seinen Laden zumachen.
The Schmitt
Zusätzlich zu unserer „Power-Strat“ mit Namen Starplayer kam dann das Modell „The Schmitt“, nach der Designidee eines Thomas Schmieder. Super extrem, futuristisch und natürlich nicht für jeden Geschmack, aber mir hat das sehr gefallen. Davon haben wir nur ganz, ganz wenige produziert.
Dann gab es noch ein nur einmal gefertigtes Sondermodell für den Bassisten von Thomas Schmieders Band. Und alsbald sah man Billie Liesegang, den Gitarristen von Nina Hagen mit einer The Schmitt auf der Bühne.
Hier mal das D-Logo im Vergleich zum heutigen:
Wieder in Frankfurt
Wieder mal Frankfurt, Musikmesse. Schwer was los bei uns. Thomas Schmieder präsentierte unsere Duesenbergs und die Leute drängten sich. Sogar diese geniale Band „Silly“ schaute vorbei und sie erzählten von ihren durchaus schwerwiegenden Problemen, Equipment bis hin zu Guitar-Parts in den Osten zu kriegen. Immerhin genossen die einen Sonderstatus in der DDR und erhielten somit eine Besuchserlaubnis für die Messe.
Hier eine alte Quittung für Guitar Parts, die Uwe Hassbecker (rechts) in seinem Archiv gefunden hat:
Staccato
Es gab mindestens noch einen Stand, wo auch kräftig was los war, nämlich die Company des Chris Jagger, Bruder des Mick, mit ihren exotisch helebardischen Staccato-Bässen. Korpus aus Fiberglas, Hals aus Aluminium. Das hatte Gesicht und alsbald haben wir den Vertrieb dafür übernommen, der Chris kam eigens nach Hannover, um die Details zu besprechen. Doch Staccato war trotz Rolling-Stones-Background leider kein großer Erfolg – sehr teuer und zu exotisch für den gemeinen Bassisten. Bis heute bin ich mit Chris befreundet, der sogar mehrfach mit seiner kleinen Band für diverse Auftritte in Madrid war und bei mir gewohnt hat. Ein absolut wohl erzogener, gebildeter Mensch und dazu ein echt guter Musiker und Sänger.
Staccato - London - Guitar Weekend - Jack Bruce
Noch eine kleine Story: Ich bin ich zum "Guitar Weekend" nach London geflogen, um ein paar Leute und insbesondere Chris Jagger zu treffen. Eine kleine Messe mit vielen englischen Gitarrenbauern, die alle echt was drauf hatten. Der Lawrence Bill war auch da und am Staccato-Stand ballten sich die Bassisten. Und auch „HP", Hans-Peter Wilfer war mit seinen Warwick-Bässen zugegen. Mit dem bin ich irgendwann in die Cafeteria gegangen. Da trat ein unscheinbarer Typ zu uns, den mir HP als „der Jack" vorstellte. Wir tranken Kaffee und palaverten belangloses Zeug, bis der Jack sich wieder verabschiedete. Und erst viel später musste ich leider gewahr werden, dass es sich bei „dem Jack" um Jack Bruce gehandelt hatte, der ja des HP's Bässe spielte. Verdammt, wie peinlich! Da hätte ich ganz andere Gesprächsthemen drauf gehabt. Meiomei, Jack Bruce, einer der wichtigsten Musiker der damaligen Zeit! Cream sowieso, und der hatte u.a. auch ein geniales Album mit Lou Reed produziert. Ein totaler Ausnahme-Musiker. So ein Scheiß! Das regt mich heute noch auf!
Custom Guitars & Kits
Natürlich haben wir auch weiterhin jede Menge Custom-Instrumente und Bausätze produziert. Für die Bausätze hatten wir eine beispielhafte Verpackung: super harter einlagiger Karton mit Noppenschaum drin, vom Feinsten!
Und immer gute Presse …
Misserfolge
Wir boten ja auch allerlei Fremdprodukte zum Kauf an, wie z.B. Magnetics-Pickups und diverse Elektroniken anderer Firmen, wobei ich ja bis heute dem schönen Spruch von Bill Lawrence folge: „Batterien jehören inne Taschenlamp!“ Doch unglücklicherweise hatten wir auch das Produkt „SPINS“ ins Programm genommen, eine Halsbefestigungsplatte mit kugelgelagertem Gegenstück samt Dreh-Schleif-Kontakt, an dem der Gurt und das Kabel einklinkte. So konnte man die Gitarre oder den Bass vor dem Bauch kreiseln lassen. Ich glaube, es gab mal ein Video von ZZ Top in dem Film „Zurück in die Zukunft-3“ damit. Das hat aber leider nichts genützt. Wir haben da nur ganz, ganz wenige von verkauft und einige Jahre später eine Menge in die Tonne getreten. Misserfolg auf ganzer Linie! Und außerdem: höchste Verletzungsgefahr! Bei einem Konzert der hannöverschen Band Amazone hat der Gitarrist dieses Spins eingesetzt und sich mit der Kopfplatte samt Mechaniken Gesicht und Nase rasiert, auf dass sich das weiße Hosenbein seiner schwarzweißen Rocker-Jeans vom Blute rot färbte. (War allerdings ’ne astreine Showeinlage …)
Zahnbehandlungen
Für filigrane Arbeiten hatten wir ein kleines, hochtouriges Aggregat, welches aus einem Zahnlabor stammte. Horsts Freundin war Zahntechnikerin und ein befreundeter Musiker hatte elementare Zahnprobleme. Da ist Horsts Freundin direkt konkret zur Sache gegangen …
Norbert Requard
Und hier ist Norbert. Der Mann, der mir meinen allerersten Verstärker baute und jede Menge Preamps für uns produziert hat. Dessen fixe Idee war die folgende: „Ich kann es dir per Elektronik so machen, dass eine Stratocaster wie eine Les Paul klingt und eine Les Paul wie eine Stratocaster.“ Was für verrückte Ideen!
Das Multi-Trem-Fach
Ich glaube, es war Horst, der die Idee hatte, die mir eher ungeliebten 9-Volt-Batterien unter der Tremoloabdeckung unterzubringen. Bakterien-Wechsel leicht gemacht, ohne gar das ganze Pickguard abschrauben zu müssen. Und dazu praktisch unsichtbar. Und man bedenke, dass damals jede Menge aktive Pickups und Aktiv-Elektroniken unterwegs waren. Wir waren am Puls der Zeit.
Privatpfusch
Horst pflegte nach Feierabend „Privatpfusch“ zu machen, wie er es nannte, also spezielle Instrumente für Freunde und Bekannte zu bauen. Da ist dann für den noch blutjungen Jake Paland diese Firebird entstanden.
und noch eine horst'sche Kreation …
Telex
Damals gab es noch nicht mal das Fax. Wir hatten einen Fernschreiber für unsere wichtige, internationale Korrespondenz. Und man beachte den Drucker daneben: der hat eine Endlospapier-Rolle. Und die großen Floppie-Disks, welch Zeiten!
Kralle Krawinkel und die Grumm-Guitar
Ihr wisst noch „Dadada“? Die Gruppe „Trio“ mit ihrem Welterfolg. Für den Gitarristen Kralle hat Horst mal dieses Modell gebaut. Denn bei uns gingen auch Millionäre ein und aus, wie dieser und z.B. Marius Müller-Westernhagen (kein Foto aus dieser Zeit).
Damit uns niemand irgendwelchen Unsinn an die Gartenmauer graphitiert, habe ich mich da selber verewigt … Jawoll!
B.B. King
Ach wie erhebend! Da durfte ich doch mit meiner Band „Rollinger“ das Vorprogramm von B.B. King bestreiten. Das hat sich noch zweimal wiederholt in den kommenden Jahren und der King hat mir allerlei Gitarren signiert, die ich noch heute besitze. Von unserer Gruppe kann man hier ein paar Songs unter „Dieters Musik“ anhören.
Steve Marriot in Hannover - mein Interview ...
1987 – Schleck …
Und mehr von Horsts Privatpfusch – die Schleck Gitarre in Form der Rolling Stones Zunge. Von Horst gebaut und von Sascha lackiert. Die hängt irgendwo in einem Stones-Museum.
Schöne Fotos
Jawoll, Dieter und Horst. Und Sascha hatte endlich unsere „Titt“-Caster erotisch glänzend lackiert. Und die Osburg Drehknöpfe haben ihren Platz gefunden.
Mehr Duesenberg
Mit unseren Duesenbergs ging es ganz gut zur Sache. Herr Stratmann hatte reichlich zu tun mit dem Assembling, und Sascha kam kaum nach mit dem Lackieren. Zudem hatten sich so viele sonstige Gitarren angesammelt, dass wir letztlich auf Stratmanns Initiative hin eine Holzkonstruktion bauten, um so viel wie möglich unter das Dach zu hängen – Platz sparen! Und Winkelmann kam mit dem Verleimen und Planieren kaum noch nach.
1988 – Große Party bei Rockinger
Oft haben wir Feste zelebriert mit reichlich italienischem Sekt Rotari Brut Rosé. Hier sehen wir Thomas und seine damalige Freundin Susanne, sowie Olaf Giebe (Mitstudent der Rechtswissenschaften in Göttingen plus begnadeter Gitarrist) und heute unser Patentanwalt. Weiterhin Ullus, der Gitarrist mit dem Elektromann-Baukasten, der unserer Pickup-Forschung so zugutekam.
Fury in the Slaughterhouse
Diese hannöversche Band feierte unglaubliche Erfolge und Christoph Stein-Schneider und Thorsten Wingenfelder schauten oft bei uns rein. Für Thorsten haben wir eine echt schöne Coral-Pink Strat mit Tru Tune Tremolo gebaut. Und in unserem Showroom gab es eine wirklich imposante Kollektion von Gitarren und Bässen.
Hier ein Foto unserer damaligen Belegschaft
Wie man sieht, hatten wir über die letzten Jahre unser Sortiment durch eine Vielzahl von Fremdprodukten aufgestockt. Wir waren nicht mehr nur die Gitarrenschmiede, Reparatur-Spezialisten und Custom-Anlaufstätte, sondern wir hatten uns zu einem amtlichen Versandhandel unserer und einer Vielzahl anderer Produkte gemausert. Eine ganze Palette von Hughes & Kettner Produkten.Dazu OBL, Seymour Duncan, EMG, Shadow, Hipshot, Bartolini, Schaller, Gotoh, ABM, Spins, Pyra-Sound Saiten, Tombo Harps, CAE-Kabel, Arion Stimmgeräte, Dunlop Wahwahs etc., Vintage Amps, diverse Röhren, Bell PA-Anlagen, diverse Bücher undVideos und sogar Produkte von Floyd Rose und Warwick.
Und man achte (roter Pfeil) auf das grummsche Batteriefach – Bestellnummer 12B01BP.
1990 Rudi Hintermeier
Mein alter Freund Horst war schmerzlicherweise wegen psychischer Probleme gegangen, und wir fanden Rudi als neuen Werkstatt-Crack. Rudi – natürlich Gitarrist – hatte auch Maschinenbau gelernt und war äußerst kreativ in seiner Arbeit. Der ist noch heute (2020) als freier Mitarbeiter bei uns und findet immer eine Lösung für technische Probleme.
Meine Design-Verliebtheit verleitete mich eines Tages, mir dieses Mercedes Doppellampen-Coupé zu kaufen. Etwas protzig, aber ich musste es haben. Das war echt ein heißer Hocker und der Sprit kostete damals noch nicht so viel wie heute.