2022-12-Palermo, Sizilien


Ich war da schon mal, nämlich 2007 mit meiner gerade kennengelernten, französischen Freundin Ines und meinem innigen Freund Teja Schwaner. Eigentlich hatte ich die Reise für Teja und mich gebucht, aber diese neue Liebschaft ließ nichts anderes zu, als dass wir drei zusammen dorthin flogen.

Teja ist ein unglaublicher Typ, etwa neun Jahre älter als ich, war in den 70er Jahren als Musikjournalist für die Hamburger Musikzeitschrift „Sounds“ tätig, ist mit Bob Marley, Lowel George und sonstigen musikalischen Größen durch Hamburg getingelt und hat außerdem so gut wie alle Bücher eines meiner Lieblings-Autoren („Hunter S. Thompson“) ins Deutsche übersetzt. Das war 1999 – gerade als ich mein Buch „Angst & Schrecken auf Formentera“ (Titel in Adaption an Hunters bekanntestem Werk „Frear & Loathing in Las Vegas“) fertig geschrieben hatte - und er aus Liebesdingen (eine gewisse Monja) nach Hannover gezogen war, wo wir uns dann – ich auf der Suche nach dem am besten geeigneten Verlag – kennengelernt hatten.

Übersetzer werden äußerst schlecht bezahlt, obwohl das Übersetzen eine äußerst anspruchsvolle, kreative Kunst ist. Natürlich kann man Texte in den Google-Übersetzer laden, aber da bleiben viele Feinheiten verborgen und viele Details erscheinen völlig verfälscht. Teja war jedenfalls schlecht bei Kasse. Also habe ich diesen lieben Menschen seitdem immer zu diversen Reisen eingeladen, insbesondere nach Formentera, und 2007 eben auch nach Palermo.

Palermo ist bestimmt die morbideste Großstadt ganz Italiens, todsicher. Auch ein Ort, der eng mit der Mafia verbandelt ist, aber egal … Dennoch der absolut faszinierendste Ort Siziliens, eine Miniaturausgabe Neapels. Auch Teja war total abgefahren auf diesen Ort und hat da wie besessen um die 300 Fotos geschossen.

Palermo für Paloma

Aber ich wollte jetzt ins Jahr 2012 springen, wo ich dort mit meiner jetzigen Lebensgefährtin Paloma die Jahreswende erleben durfte, denn Palermo ist einer der besten Orte dafür. Per Flugzeug dorthin zu kommen, erfordert leider einen unvermeintlichen Zwischenstopp in Rom. Aber was solls? Nach Palermo kommt man kaum direkt – weder von Madrid aus noch von sonst wo.

Schon das Hotel war sehr morbide, aber mit dem typischen Charme dieser uralten Metropole, in der man tagelang herumwandern kann. Zwischendurch gönnt man sich im „Café Spinnato“ Kaffee und Cassata oder erfreut sich in den offenen Märkten an Obst, Gemüse und Marisco.

Unser französischer Freund, Fred García, hatte uns von den Katakomben erzählt, die per Linienbus leicht zu erreichen sind, inklusive einer Haltestelle vor dem Tor einer herrlich ornamentierten Friedhofsmauer. Gleich rechter Hand der Eingang ins Unterirdische, Tickets gekauft und abwärts. Diese Katakomben, in denen über 2000 Personen bestattet worden sind, haben ihren Ursprung in einem Kapuzinerkloster aus dem 16. Jahrhundert. Aber die Toten befinden sich nicht etwa in Särgen, sondern stehen oder sitzen dort mumifiziert und bekleidet. Das ist schon etwas gruselig, und die meisten weiblichen Besucher nehmen gleich wieder Reißaus. Außerdem ist das Fotografieren verboten, was mich aber nicht davon abgehalten hat, allerlei Schnappschüsse zu machen. Den beiden Mumien hier auf dem Foto habe ich dann diesen netten Text in den Mund gelegt. Wurde aber leider bis genau jetzt nirgendwo publiziert.

Und die Kulinarik! 25: Dezember, Weihnachtsmorgen! Google Maps gab es noch lange nicht. Wir hatten uns total verirrt im höher liegenden Teil Palermos, den Stadtplan fälschlich um 180 Grad verdreht, verwirrt, etwas ausgelaugt ob der dortigen Steigungen, an der nächsten Ecke eine TrattoriaFERDINANDO III“. "Lass uns da ein Bier nehmen." Ok, wir betraten das Lokal, welches so gut wie voll war, jede Menge Familien, den Weihnachtstag zelebrierend. Aber es gab noch einen Tisch für uns. Der Kellner erklärte uns, es gäbe heute nur ein festes Menü. Gut, soviel Hunger hatten wir nicht, aber "Andiamo!"
Was dann aufgefahren wurde, war unglaublich: Zuerst eine Platte mit Austern und weiteren rohen Muscheln (ähnlich "Conchas finas" im Spanischen), danach rohe rote Gambas. Dann Carpacchio: marinierter Tunfisch, zart angeräucherter Schwertfisch und Lachs. Dann ein Caponata (Auberginen) mit süß glasierten Zwiebeln, gefolgt von Linguine samt einer halben kleinen Languste, alles in einer super delikaten Meeresfrüchte-Soße. Den Hauptgang "Schwertfisch" känzelten wir, weil wir schon relativ satt waren. Es folgte zum Nachtisch ein Zitronen-Granita und Tarta de Cassata (der beste Nachtisch der Welt!), danach doppelte Espressi und Amari. Wir orderten die Rechnung. € 50,- stand geschrieben. Wir gaben ein fulminantes Trinkgeld und der äußerst liebenswerte Kellner erklärte uns, wie wir zu unserem Viertel zurückfinden würden. Was mehr, bitte?

Eine wunderbare Jahreswende! Aber wie uns leider letztes Jahr (Dezember 2022 wieder in Palermo) berichtet wurde, hatte das Ferdinando III schon im Vorjahr Covid bedingt dicht machen müssen. Ein großer Verlust!